Weihrauch im Islam und Orient
Es ist uns wichtig auszudrücken, dass wir medizinische Not oder religiöse Gefühle auf keinen Fall instrumentalisieren, um unseren Verkauf zu stimulieren. Etwas über andere Kulturen und Religionen/Denkweisen zu erfahren, hat etwas Verbindendes und Schönes, daher schreiben wir darüber. Unsere Kunden sind besonders und sehr unterschiedlich. Sie kontaktieren und kaufen bei der WeihrauchWelt aus den unterschiedlichsten Motivationen heraus. Wir schätzen diese Vielfalt, sind für dieses Miteinander dankbar und freuen uns über jede Form des Austauschs.
Es ist kein Geheimnis, dass Weihrauch seit Jahrtausenden in diversen Naturheilverfahren eine große Rolle spielt. Aus juristischen Gründen ist es schwierig, darüber zu schreiben. Wir möchten hier nur ein Grundgefühl für religiöse und kulturelle Bedeutung geben und sparen Details aus, zu denen es in der Naturheilkunde üblicherweise verschiedene Meinungen gibt. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass es für Behandlungsmethoden aus der Komplementär- oder Alternativmedizin und deren Wirksamkeit oft trotz Jahrtausende alter Anwendung keine ausreichend gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse gibt.
Weihrauch in der arabisch-islamischen Kultur
Die Geschichte des Weihrauchs in den verschiedenen Ideologien und großen Religionen ist umfassend. Es finden sich allerdings kaum Abhandlungen aus der Perspektive der arabischen Kultur und der Religion des Islam. Wenn, dann werden nur Detailaspekte beschrieben. Ein Grund ist, dass es sehr strenge Anforderungen an die religiösen Quellen und deren Überlieferung gibt.
Diese Anforderungen sollen gewährleisten, dass es über die Jahrhunderte zu keiner Verfälschung der religiösen Grundlagen kommt. Das bedeutet, dass ein spezielles Thema wie Weihrauch, dessen Anwendung und Nutzung auch zur Zeit des Propheten Muhammad (s) vorkam, durch das Raster dieser enorm hohen Anforderungen an Überlieferungssicherheit fallen kann. Dies ist ein Sicherungsmechanismus, der z.B. verhindert, dass Weihrauchhändler vermeintliche religiöse Vorzüge des Weihrauchs anpreisen, nur um ihre Verkäufe zu fördern, und so nicht nur unethisch handeln, sondern auch die Religion verfälschen würden.
Im Gegensatz zu z.B. Moschus oder Honig gibt es im Quran, der Primärquelle des Islams, keine Hinweise zum Weihrauch (arabisch Luban, wörtlich Milch). In den Hadithen (Aussprüchen des Propheten), der zweitwichtigsten Quelle, finden sich dagegen einige Aussagen zum Weihrauch. Diese sollen vom Propheten (s) selbst und mehreren seiner Gefährten stammen. Allerdings entspricht die Überlieferungsqualität nicht der höchsten Kategorie von Überlieferungen, was nicht heißt, dass sie zu verwerfen sind. Wir verbleiben hier, um auf der sicheren Seite zu sein, bei einem kulturellen und nur religiös geprägten Rückblick.
Verwendung von Weihrauch zur Zeit des Propheten Muhammed (s)
Weihrauch mit seiner langen Geschichte spielte auch in Arabien und der islamischen Welt schon vor etwa 1400 Jahren zu Lebzeiten des Propheten Muhammad (s) (ca. 570-632) eine Rolle und darüber hinaus für die kommenden Generationen seiner Gefährten, die von ihm stark geprägt wurden.
Die Nennungen lassen sich thematisch zusammenfassen, da sie alle ähnliche Inhalte haben. Weihrauch wurde eher im Zusammenhang mit der medizinischen Wirkung besprochen als im Rahmen religiöser oder spiritueller Rituale. Der medizinische Einsatz von Weihrauch war stark verbreitet und wurde von den großen morgenländlichen Ärzten über die Jahrhunderte hinweg rege praktiziert.
Weihrauch wurde aber auch, wie z.B. Parfüm, in der Moschee oder beim Gebet genutzt, erfüllte dort aber keine rituelle Funktion und war auch kein zwingender Teil von Gebeten oder Festlichkeiten. Es ging ganz pragmatisch um einen stimmungsvollen und edlen Duft, die Reinheit und um die Funktion der Fokussierung und Konzentration, die dem Weihrauch zugeschrieben wird und welche das Gebet unterstützt.
Es gilt generell im Islam, dass gute Düfte (z.B. das Auftragen von Parfüm), Räuchern und Sauberkeit ein Haus und die Umgebung in verschiedenster Hinsicht „rein“ halten.
Weihrauch in der orientalischen Medizin
Der wohl berühmteste Arzt dieser Zeit war Ibn Sina, Arzt und Philosoph, auch unter dem Namen Avicenna bekannt. Avicennas „Kanon der Medizin“ wurde 1279 ins Hebräische und später ins Lateinische übersetzt. Es galt mehrere hundert Jahre in europäischen Fakultäten als Standardwerk der Medizin.
Ebenfalls sehr bekannt ist Rhases (865- 925), der hunderte medizinische Schriften verfasste.
Abulcasis, Hofarzt der Kalifen von Cordoba, verband um das Jahr 1000 das Wissen um die Anatomie mit der Chirurgie und verwendete bereits unzählige Instrumente, die den heutigen sehr nahe kamen. Er beschrieb viele Weihrauch-Rezepte.
Ibn al Baitar (1197-1248) sammelte das gesamte pharmakologische Wissen über Heilpflanzen in seinem Werk mit über 1400 Wirkstoffen, unter denen sich auch Weihrauch befindet. Vermutlich war dies der erste Arzt, der in seinen Werken die Wasserdampfdestillation zur Gewinnung von ätherischen Ölen verschriftlichte.
Ibn an Nafis (1210-1288) beschäftigte sich ebenfalls mit Weihrauch und entdeckte mit 400 Jahren Vorsprung den Blutkreislauf. Weitere berühmte Persönlichkeiten, die sich intensiv mit Weihrauch beschäftigten, waren z.B. Ibn Zuhr (Avenzoar/Parasitologe), der Aristoteles-Kommentator Ibn Ruschd (Averroes) und sein Schüler Maimonides (Hygiene und Toxikologie).
Al-Kindi (ca. 850) reiht sich ebenso in die Gruppe der bedeutenden Ärzte ein und hatte wie alle anderen auch Weihrauch fest in seinem Repertoire. Er beschrieb mehrere Rezepte in diesem Zusammenhang.
Literatur zur prophetischen Medizin
Auch in Büchern zur prophetischen Medizin im Islam, die heute noch rege gelesen werden und erhältlich sind, entdeckt man viel zum Thema Weihrauch. Diese Bücher finden sich in vielen arabischen/muslimischen Haushalten und beinhalten viele Themen wie Honig, Schwarzkümmel und Ernährungsregeln. Allerdings steht das Seelenheil in einer untrennbaren Verbindung zur körperlichen Gesundheit.
Zum Beispiel schreibt Ibn Qayyim Al-Jauziyyah (1292-1350), ein bekannter Gelehrter und Schüler des berühmten Ibn Taimiya, über Weihrauch. Er erläutert Weihrauch in seinem Wesen und seinen Eigenschaften und erklärt, warum dieser hilfreich sei. In dem Buch „Die Prophetische Medizin“ führt er im Rahmen von Naturheilmitteln viele Aspekte des Weihrauchs auf.
Dr. M.I.H. Farooqi sammelte die obigen Quellen und Wirkweisen und betont mit seiner Einschätzung die Bedeutung des Weihrauchs in der islamisch-orientalischen, arabischen Kultur und Vergangenheit. Der Titel des Buches lautet „Medical plants in the traditions of prophet Muhammad“.
Moderne Forschung und Studien
Die hunderte Jahre alte Praxis und Erkenntnisse finden sich thematisch zu Tausenden in modernen Forschungsansätzen und Studien wieder. Es gibt eine Vielzahl von Abhandlungen über verschiedenste Wirkungen von Weihrauch, die aber auch oft den hohen Anforderungen an medizinische Forschung bzw. Auflagen der Pharmaindustrie nicht gerecht werden. Das Internet liefert hierzu sehr viele interessante, aber auch befremdliche Informationen, was eine Orientierung ohne Grundkenntnisse erschwert.
Parfüm und edle Düfte im Islam
Etwas konkreter ist die Quellenlage in den Aussprüchen (Hadithen) Muhammads (s), wenn es rund um den Duft und das Räuchern geht. Vom Propheten Muhammad (s) ist vielfach überliefert, dass er (damals nur natürliche) Düfte liebte und nutzte, besonders an Festtagen und zum Freitagsgebet. Parfüm gehörte nach Aussage Muhammads (s) zu seinen zwei liebsten Dingen in dieser Welt.
Das regelmäßige Auftragen von Parfüm und das Räuchern ist im Islam also nicht nur erlaubt, sondern geht auf die prophetische Lebensweise zurück, an der sich Muslime orientieren: die sogenannte „Sunna des Propheten“. In den Überlieferungen über den Propheten Muhammad (s) wird vielfach vom Wohlgeruch, der ihn umgab, berichtet. Die Gefährten seines engsten Kreises berichteten auch darüber, dass es keine Verschwendung sei, ein Drittel seines Vermögens für Wohlgerüche auszugeben, was den hohen Stellenwert unterstreicht.
Für Muslime haben diese Quellen aufgrund ihrer Nähe zum Gesandten großes Gewicht und können sehr praxisrelevant sein. Denn der Islam verbietet Dekadenz und schlimmer noch Verschwendung, doch so manch muslimischer Duftsammler mag signifikante Teile seines Vermögens investiert haben, was aber gemäß obiger Quellen nicht verwerflich ist. Insgesamt ist die Fixierung auf Düfte im Orient weitaus stärker verbreitet als im Westen und eher maskulin als feminin besetzt.
Muslime bevorzugen Parfüms ohne Alkohol. Je nach Land und islamischer „Subkultur“ findet sich kaum ein Mann, der nicht ein Fläschchen einer intensiven Essenz im Gewand bei sich führt. Selten wird eine Gelegenheit verpasst, andere Menschen damit zu beglücken und eine Runde Parfüm auszugeben, oft vor dem Gebet in der Moschee, um noch schnell eine gute Tat zu erhaschen.
Gute Düfte und deren Vorzüge werden laut eines Ausspruchs des Propheten Muhammad (s) sogar in Zusammenhang mit dem Wesen Allahs/Gottes gebracht. So wurde durch seinen Gefährten Abdullah ibn Masuud berichtet, dass Muhammad (s) sagte: „(…) Wahrlich, Allah ist schön und liebt das Schöne (…)“ (Sahih Muslim). In der Quellenerläuterung der Gelehrten gilt dies zum Beispiel für Kleidung und auch für Parfüm.
Im Quran (Koran) wird das Thema Duft z.B. als Ankündigung der Düfte des Paradieses erwähnt. Viele islamische Gelehrte berichten über Düfte und deren Bedeutung für das Wohlbefinden und die Stärke des Menschen. Düfte edler Natur seien sogar Nahrung für die Seele und spielten bei der ganzheitlichen Betrachtung auch unabhängig von medizinischen Wirkstoffen eine große Rolle für die Psyche und Heilungsprozesse. Die Seele sei der Antriebsmotor des Körpers, und so würden seine Kräfte und Energien mit Düften gestärkt.
Die angeführten Quellen beziehen sich hauptsächlich auf Duftstoffe, die damals verbreitet und verfügbar waren. Dazu gehörten Moschus, Amber, Kampher, Adlerholz, Weihrauch – edle ätherische Öle und natürliche Stoffe.
Eine sehr häufige Auffassung unter Muslimen ist, dass Wohlgerüche und das Räuchern duftreicher Substanzen „böse Geister“ vertreibt. Diese würden Übelgeruch und Unreinheit bevorzugen und daher Reinlichkeit und Wohlgeruch meiden. Dass das Räuchern diese üblen Energien fernhält, klingt vertraut, allerdings fanden wir keine belastbaren Quellen dafür und würden es daher kulturellen Ansichten und praktischer Erfahrung und nicht einem gesicherten religiösen Themenbereich zuordnen.
Fazit
Quellenangabe
von Engelhardt, D., Hartmann, F. (1991): Klassiker der Medizin. Band I: Von Hippokrates bis Hufeland. Beck, München
Hunke, S. (1995): Allahs Sonne über dem Abendland. Unser arabisches Erbe. Fischer, Frankfurt a. M.
Al-Jauziyyah, Ibn Qayyim (2012): Die prophetische Medizin (übersetzt von Muhammad Jozic. Die Schreibfeder, o.O.
Farooqi, M. I. H. (2012): Medical plants in the traditions of Prophet Muhammad (prophetic medicine). 4. Ausg. Sidrah Publishers, Lakhnau
Paavilainen, H. M. (2009): Medieval pharmacotherapy – continuity and change (studies in ancient medicine). Brill, Leiden/Boston
Watt, M., Sellar, W. (2013): Frankincense & Myrrh: Through the Ages, and a complete guide to their use in herbalism and aromatherapy today. Ebury Publishing, London